Dienstag, 20. Oktober & 3. November 2020, 17 – 19 Uhr, online (Zoom)
Anmeldung bis 18. Oktober 18Uhr per Email an collective.practices@acudmachtneu.de
Wir sprechen den ganzen Tag. In der Kantine, am Kinderbett, beim Kaffee. Aber verwenden wir Wörter, die uns helfen, bestehende Strukturen in Frage zu stellen? Unser Begehren auszudrücken und utopische Räume zu eröffnen? Hin zu einem hierarchiefreien, emanzipatorischen, solidarischen, ökologischen, gerechten Leben? Oder verwenden wir Wörter, die die bestehende Welt verfestigen? Eine Sprache, die Machtstrukturen, Gewalt und Diskriminierung aufrecht erhält, neoliberales Denken bekräftigt und problematische Zustände als gegeben hinnimmt?
Sprache prägt unseren Alltag. Wir erzählen uns den jeden Tag Geschichten – darüber, wer wir sind, warum wir hier sind, was uns wichtig ist, was nicht, was wir witzig finden, was nicht. Indem wir erzählen, geben wir uns – oft unbewusst – Werte, Wünsche, Menschenbilder weiter. Ist der Begriff “Klimawandel” mit dem neutralen Begriff “Wandel” (zum Guten, wie zum Schlechten) geeignet, um vor Dürren, Hurrikanes und Fluten zu warnen? Ist es sinnvoll, davon zu sprechen, dass Krankenhäuser privatisiert “wurden” – oder sollten wir uns sprachlich-kriminologisch auf die Suche nach den Akteur*innen machen, die (aktiv!) “privatisierten” (die Regierung Thatcher, Regierung Schröder, .. ). Täuschen wir über die Machtverhältnisse hinweg, wenn wir von “Arbeitnehmern” und “Arbeitgebern” sprechen (Wer gibt denn eigentlich seine oder ihre Arbeit?).
Für den zweiteiligen Workshop planen wir eine gemeinsame Analyse unserer Sprache, von einem linken Blickwinkel aus. Mit welchen Begriffen fühlen wir uns eigentlich schon länger nicht wohl, und welche könnten wir stattdessen nutzen? Gibt es Zusammenhänge, Gefühlslagen und Vorstellungen, für die uns die Worte fehlen? Im Austausch über Worte und Ausdruck möchten wir gegenseitig unsere Aufmerksamkeit für Sprache schärfen.
Sprache ist kollektive Praxis und eine Übereinkunft untereinander darüber, was wir mit einem bestimmten Ausdruck meinen. Sprache ist dabei kollektiv veränderbar – immer wieder werden neue Begriffe in der Breite aufgegriffen und beeinflussen unsere Narrative und Vorstellungswelten (siehe z.B. aktuell Begriffe wie “systemrelevant”). Andere Begriffe verändern im Laufe der Zeit ihre Bedeutung und Assoziationen durch Nutzung von verschiedenen Gruppen in unterschiedlichen Kontexten (z.B. “DIY”, “alternativ”). Über welche Erzählungen möchten wir sprechen, wie möchten wir diese erzählen, und welche Worte und Ausdrücke möchten wir benutzen und zur gemeinsamen Sprachpraxis anbieten?
Anmeldung und Teilnahme
Der partizipative und zweiteilige Workshop ist für alle Interessierten offen. Er findet auf deutsch statt. Insgesamt können 15 Personen teilnehmen. Da unsere Sprache von möglichst vielen Perspektiven geprägt sein soll, freuen wir uns über eine diverse Gruppe. Der Workshop findet online statt, die Teilnahme ist daher örtlich nicht begrenzt.
Anmeldung (5 EUR für beide Termine) per Email an: collective.practices@acudmachtneu.de. Bitte stellt euch in der Email ganz kurz (1-3 Sätze) vor und erwähnt auch, ebenso kurz, was euch an dem Workshop interessiert. Das hilft uns zum einen bei mehr als 15 Anmeldungen bei der Auswahl auf die Diversität zu achten und zum anderen können wir eure Interessen schon bei der Vorbereitung berücksichtigen.
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Die Journalistin und Autorin Julia Fritzsche hat sich in den letzten Jahren auf die Suche nach einer neuen linken Erzählung gemacht und ist ständig auf der Suche nach den richtigen Worten. Denn Sprache ist für sie ein Weg, hin zu einem besseren Leben für alle.